Suzuki-Methode


Die Suzuki-Methode ist ein Musikerziehungskonzept, das bereits Kindern im sehr jungen Alter ab ca. drei Jahren den direkten Einstieg in den Instrumentalunterricht ermöglicht. Sie wurde nach ihrem Gründer, dem Violinenpädagogen Shinichi Suzuki, benannt. Die markantesten Unterschiede der Methode zu anderen Lehrmethoden bestehen in der von Suzuki selbst so bezeichneten "Muttersprachen-Methode", die analog zur Spracherziehung auf Hören, Beobachten und Nachahmen basiert und zunächst auf Notenlesen verzichtet, in der intensiven Einbeziehung eines Elternteils, der das Üben des Kindes zu Hause anleitet, der systematischen Erarbeitung eines von Suzuki entwickelten festen musikalischen Repertoires und in der Unterrichtsform, bei der jeweils wöchentlicher Einzelunterricht und ergänzender Gruppenspielkreis gleich gewichtet sind.

Entstehung
Die Suzuki-Methode geht auf den japanischen Geiger und Pädagogen Suzuki Shinichi (1898–1998) zurück. Suzuki, der sich im Alter von 17 Jahren mit Hilfe von Schallplattenaufnahmen das Geigespielen selbst beibrachte, wuchs als Sohn des damals größten Geigenbaufabrikanten in Nagoya auf. Die Geige hatte in seiner Kindheit hauptsächlich den Stellenwert eines Spielzeugs und nicht den eines Musikinstruments. Diese beiden biographischen Gegebenheiten beeinflussten sowohl Suzukis späteren Umgang mit dem Instrument als auch die Suzuki-Methode. Denn in der Suzuki-Methode ist als wesentlicher Aspekt das spielerische Element genauso wie das Prinzip der Nachahmung wiederzufinden. Suzukis Interesse Geige zu studieren, war nicht von der Motivation geleitet, ein perfekter Virtuose zu werden, sondern durch das Bedürfnis geweckt, die Kunst verstehen zu lernen. Um dies zu erreichen, führten ihn, nachdem Suzuki an der Ueno-Akademie (Tokio) abgelehnt wurde, persönliche Kontakte 1919 nach Deutschland, wo er in Berlin sein Studium bei Karl Klingler als dessen einziger Privatschüler begann. Ende der zwanziger Jahre kehrte er mit Erfahrungen und Anregungen für das Unterrichten aus Deutschland nach Japan zurück, wo er zunächst am Kaiserlichen Konservatorium in Tokio hauptsächlich Jugendliche im Geigenspiel unterrichtete. Kinder im frühen vorschulischen Lebensalter zu unterrichten galt damals als unmöglich und es gab so gut wie keine erfahrenen Lehrer. Einen Anlass zum Unterrichten von Kindern im Vorschulalter bekam Suzuki erst, als ein Vater Suzuki bat, seinen damals vierjährigen Sohn – den heute bekannten Geiger Toshiya Eto – im Geigenspiel zu unterrichten, und so wurde Suzuki ermutigt, über Möglichkeiten und Wege der instrumentellen Früherziehung nachzudenken. Suzuki erkannte, dass allen Kindern Japans eines gemeinsam ist, nämlich dass sie eine so komplexe Sprache wie die japanische mühelos durch Nachahmung erlernen und dabei jeden noch so schwierigen Dialekt ihrer Lebensregion wie selbstverständlich beherrschen. Bereits mit fünf Jahren können japanische Kinder ca. 4000 Wörter wiedergeben, weil sie ihre Muttersprache von klein auf sprechen. Dieses Prinzip des Lernens durch Nachahmung und Spiel übertrug Suzuki auf die Geige und machte es unter dem Begriff Muttersprachenmethode populär. Dass Suzuki die Geige als Unterrichtsmittel wählte, war eher zufällig. Die Wahl fiel deswegen auf dieses Instrument, weil er Geige am besten spielen konnte. Suzukis Lebenswerk macht ihn zum Vorreiter des Frühinstrumentalunterrichts.

Erste Unterrichtsversuche
Mit dem Ausspruch „Talent ist kein Zufall der Geburt“ gab Suzuki 1945 durch die Gründung der Musikschule in Matsumoto, der heutigen "Talent Education School" richtungsweisende Ansätze für die Talenterziehungsbewegung. Die für die Entwicklung der Suzuki-Methode entscheidenden Unterrichtsversuche startete Suzuki 1948 zunächst an der Hongo Primarschule in Matsumoto. Suzuki unterrichtete dort eine Experimentalklasse von 40 Schülern. Der Unterricht bestand darin, dass er jedem Schüler in irgendeinem Fach eine so leichte Übungsaufgabe stellte, dass die ganze Klasse gleichzeitig antworten konnte. Bevor man zu einer anderen Übung überging, wurde am folgenden Tag dieselbe Aufgabe wiederholt gestellt. Durch die hiermit erzielte hohe Lernmotivation erreichte jeder Schüler ein hohes Niveau an Fähigkeiten. Das heute bekannte Institut für Talenterziehung, die Sainô Kyôiku Yôji Gakuen, gründete Suzuki wenig später. Auch hier lehrte Suzuki eine Klasse von 60 Schülern im Alter von drei bis fünf Jahren allgemeine Fächer wie japanische Aussprache, chinesische Schriftzeichen, Ausdruck, Kalligraphie, Zeichnen, englische Konversation und Gymnastik. Erst später, 1950, wurde die Sainô Kyôiku Kenkyû-kai in Matsumoto gegründet, wo Suzuki Violinspiel nach seiner Methode unterrichtete. Obwohl die Instrumentalausbildung der Suzuki-Methode nicht die Heranbildung von Wunderkindern beabsichtigt, sind aus der Schule viele namhafte Geiger hervorgegangen. Die Absolventen der Sainô Kyôiku Kenkyû-kai steigerten sich rasch. Dank Suzukis aktiver Lehrtätigkeit bis ins hohe Alter hat seine Methode weltweit Verbreitung gefunden.

Lebensphilosophie
In Suzukis Hauptwerk „Erziehung ist Liebe“ geht es in erster Linie darum, wie die Veranlagung des Menschen entwickelt werden kann. Der Ausgangspunkt seiner Erziehung bildet ähnlich wie in reformpädagogischen Postulaten die „Erziehung vom Kinde aus“. Suzuki verfolgt mit seiner Methode erstrangig allgemeinerziehererische Ideale. Sie stehen im Zusammenhang mit seiner Biographie, der japanischen Kultur und der Erfahrung mit der europäischen Kultur. Die Einstellung zum Leben sowie seine Pädagogik sind geprägt von dem Wunsch, alle Kinder durch das Geigenspiel zu guten und fähigen Menschen zu erziehen, zu Menschen, die als ein aktives Mitglied der Gesellschaft heranwachsen. Seine Lebensphilosophie fußt ganz auf den Zen-Buddhismus, und so will Suzuki im Sinne von Lebensschulung durch die Musik den Charakter und Tugenden heranbilden und auf diesem Wege „gute Bürger formen“. Der Sinn des menschlichen Lebens besteht bei Suzuki in der Suche nach Liebe, Wahrheit, Tugend und Schönheit, wobei das Geigenspiel das Mittel und nicht der Zweck zur Verwirklichung des Lebenssinns ist und die Ausbildung von Konzertinstrumentalisten nur eine Nebenerscheinung darstellt. 

Talenterziehung
Suzuki war ein radikaler Gegner der Auffassung, dass das Maß der Musikalität eines Menschen eine Frage von angeborenem Talent sei. Er hat in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hingewiesen, dass Talentforschung nicht an Neugeborenen durchgeführt werde, sondern an Kindern, die bereits jahrelang musikalische Stimulation und Förderung erhalten bzw. nicht erhalten haben. Es war Suzukis Grundüberzeugung, dass jegliches musikalische Talent (bis hin zur „Spitzenbegabung“) ausschließlich auf Gehörschulung und kontinuierlichem guten Üben beruhe. Die Talenterziehung nach Suzuki folgt dieser Auffassung bis heute. Konsequenterweise werden an Suzuki-Schulen z. B. auch keine Aufnahmeprüfungen durchgeführt. Suzukis Auffassung von Talent und Fähigkeiten ist hier wiederum geprägt durch den Zen-Buddhismus. Denn der Zen-Buddhismus setzt ganz auf die Wiederholung; allein diese gilt als die richtige und wahre Anstrengung, durch die eine Weiterentwicklung des Talents ermöglicht wird. Das Ziel des Lebens wird im Zen-Buddhismus darin gesehen, ein vollendeter und ausgeglichener Mensch zu werden; nicht dieses Ziel steht jedoch im Vordergrund, sondern der Weg dorthin: das stete Sich-Bemühen, die unermüdliche Ausdauer, mit der an der Selbstverbesserung gearbeitet wird. Auch das beharrliche Üben auf der Geige sei als Weg zur Selbstverbesserung zu verstehen. Der Suzuki-Schüler soll das Üben wie ein Zen-Schüler pflegen und durch sein Bemühen höhere Erkenntnis erlangen.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Suzuki-Methode