10 Zukunftstrends

1. Das Ende der E-Mail
Die digitale Kommunikation verabschiedet sich von einer Technologie der ersten Stunde: E-Mails haben die Berufswelt revolutioniert, sie sind aber auch zu einem lästigen Zeitfaktor geworden.
Firmen-Server beginnen unter Millionen E-Mails zusammenzubrechen, digitaler Kommunikationsmüll blockiert Innovationen und den Weg zum inspirierenden Gespräch.
Allmählich wird die klassische E-Mail von Echtzeit-Technologien verdängt.
Laut der Studie „The Comscore 2010 U.S. Digital Year in Review“ haben Webnutzer im Jahr 2010 insgesamt acht Prozent weniger E-Mails geschrieben. Teenager wendeten sich zu 59 Prozent vom E-Mailen ab.
Die digitale Welt der Anfangsjahre beginnt zu altern.
Unternehmen nutzen immer stärker Messaging-Dienste wie Skype und Icq oder auch Cloud-Plattformen, um Kollegen und Geschäftspartnern Dokumente zur Verfügung zu stellen.
Der Umsatz mit Unternehmenssoftware für die webbasierte Zusammenarbeit soll weltweit um 15 Prozent gegenüber 2010 auf insgesamt 769 Millionen US-Dollar ansteigen.
Heute nutzt bereits ein Fünftel der Unternehmen in den USA und Europa Blogs, Foren oder Wikis für die interne und externe Kommunikation.
 
2. Das Ende der Hausfrau 
„Soccer-Mums“ stehen für eine ganze Konsumkultur, die momentan im Verschwinden begriffen ist.
Unter „Soccer-Mums“ versteht man genauer die Teilzeit arbeitenden Mütter aus den amerikanischen Vororten, die am Nachmittag ihre Kinder als dauergestresste Taxifahrerinnen im Family-Van oder SUV zu den Sport- und Freizeitveranstaltungen kutschierten.
Dieser Frauen- und Muttertypus ist in Deutschland ebenso wie in den USA im Verschwinden begriffen.
Hauptgrund dafür ist die sich ausbreitende Kinderlosigkeit: In Deutschland leben in nur noch 37 Prozent der Haushalte Familien mit Kindern unter 18 Jahren.
In Zukunft müssen Unternehmen stärker auf die individuellen Präferenzen ihrer Mitarbeiter eingehen.
Qualifizierte Mitarbeiter erwarten von ihrer Stelle mehr als nur eine reine Beschäftigungssicherung. Im selben Maße, wie von Mitarbeitern unternehmerisches Denken und eine hohe Selbständigkeit eingefordert wird, wollen Mitarbeiter auch in ihren alltäglichen Leben unterstützt werden.
Wichtiger als eine Einkommenssteigerung sind ihnen berufliche Zufriedenheit, Weiterbildungsmöglichkeiten, zeitliche Flexibilität und Freiraum zur Verwirklichung eigener Ideen.

3. Smart Materials
Die Ära der denkenden Dinge beginnt:
Neue Werkstoffe oder Smart Materials bilden einen Markt, der in den nächsten Jahren aus Stahlanbietern und Plastikherstellern völlig neue Unternehmen machen wird. Und zwar Unternehmen einer effizienteren und ökologischeren Produkt-Ära.
Es werden immer mehr Werkstoffe entwickelt, die ihre physikalischen Eigenschaften unter bestimmten Umweltbedingungen verändern.
Das hat den unschlagbaren Vorteil, dass sie keine zusätzlichen Steuerungen durch Computer und Motoren brauchen und so das Gesamtpaket günstiger und in der Regel auch nachhaltiger machen.
Enorm wichtig wird für deutsche Unternehmen in den nächsten Jahren sein, die Vorreiterstellung in vielen Segmenten intelligenter Werkstoffe auszubauen.

4. Glamour-Gladiatorinnen:
Der Profisport avanciert zur Erlebnisgesellschaft Nummer eins in Deutschland. Und die Frauen beginnen eine tragende Rolle zu spielen, vor den Kameras und auf den Zuschauerrängen.
Die Frauenfußball-WM setzte neue Maßstäbe. Inszeniert wurde dabei erstmals auch die Attraktivität der Fußballerinnen.
Wir erleben die Annäherung der Geschlechterrollen, was für den Profisport so viel heißt wie seine Feminisierung.
Wir sehen schöne Frauen, die sich den harten Seiten der Fußballarena (z.B. brutale Fouls, Pfiffe von den Rängen) aussetzen. Wir sehen Familien und Männer, die sich als Tribut an weiblichen Spitzensport die Deutschland-Fahne an den Mercedes klemmen. Während sich das Sportpublikum mehr und mehr durchmischt, halten Frauen wie die Tennisspielerinnen Andrea Petkovic, Sabine Lisicki und Julia Görges, die Boxerin Regina Halmich oder die Eishockey-Torhüterin Viona Harrer triumphalen Einzug in die Erlebnisgesellschaft Leistungssport.
Der Anteil der Frauen in deutschen Fußballstadien liegt laut Studien der Deutschen Fußballliga (DFL) bei 23 Prozent. Andere Experten schätzen, dass mittlerweile 40 Prozent weibliche Zuschauer die deutschen Stadien bevölkern.
Während die deutsche „Multikulti“-Truppe bei der Männer-WM 2010 neue Identifikationspotenziale freilegte, wurde die Frauen-WM geschickt an beide Geschlechter vermarktet.


5. Das Mobiltelefon ist das Leitmedium des 21. Jahrhunderts
Im Juni 2011 wurden in den USA laut Nielsen Wire erstmals mehr Smartphones als herkömmliche Mobiltelefone registriert. Mobiltelefone sind das siebte Massenmedium. Sie sind mit Sicherheit das Massenmedium des 21. Jahrhunderts.
Mobiltelefone haben sich in den vergangenen fünf Jahren in Windeseile in unterentwickelten Märkten dieser Welt etabliert.
Sie sind nicht nur global, sondern auch universell, insofern sie dabei behilflich sind, Menschen mit den Weltmärkten zu verbinden.
Mobiltelefone ersetzen Banken und Bankkonten, sie sind Jugendmedium und Arbeitsgerät für Landwirte und Trader im täglichen Weizenhandel.
Die mobile Kommunikation wird bis 2020 unseren Lebensstil, unsere Konsumbedürfnisse und die Mediennutzung mindestens ähnlich stark verändern, wie es das Internet in den 00er-Jahren getan hat. Der Traffic auf dem mobilen Internet wird sich bis 2020 laut EricssonLab verdreißigfachen!

6. Harry-Potter-Marketing
Der Zauberlehrling weist den Weg in die elektronische Lesekultur:
450 Millionen Exemplare wurden bereits verkauft, das Werk in 69 Sprachen und Dialekte übersetzt. Nun wird die Harry-Potter-Erfolgsstory auf pottermore.com fortgeschrieben. Die interaktive Website von JK Rowling soll in Kürze in Betrieb genommen werden und wird neben zahlreichen bisher unveröffentlichten Potter-Episoden und interaktiven Spielen auch die Potterschen E-Books zum Verkauf anbieten.
Damit trotzt Rowling der Halbwertszeit ihrer Produkte.
Mit dem Hype um die Potter-E-Books wird nun auch der Aufstieg des elektronischen Buchs in das Bewusstsein der Öffentlichkeit treten. Durch die Emigration ins Digitale werden Bücher von nun an keine abgeschlossenen Medien im klassischen Sinne bleiben, sondern aktiv von ihren „Nutzern“ mit gestaltet werden.

7. @Home-Medizin
Immer mehr Anwendungen finden in den eigenen vier Wänden statt:
Die Bedürfnisse der Menschen in Bezug auf ihre Gesundheit ändern sich gerade drastisch.
Wir alle sind mobiler, gesundheitsbewusster, eigenverantwortlicher geworden. Aufenthalte im Krankenhaus oder gar Pflegeheim gilt es zu vermeiden. Und wer krank ist, arbeitet intensiv daran, seine Lebensqualität und Mobilität aufrechtzuerhalten.
Der Trend zur @Home-Medizin wird in den nächsten Jahren immer bedeutender werden.
Zum einen, weil es immer mehr Ältere gibt, deren größter Wunsch sich mit dem gesunden, mobilen und selbstbestimmten Altwerden zusammenfassen lässt; zum anderen, weil sich die Akzeptanz von Technologie weiter erhöhen wird.
Wer zeitlebens gelernt hat, mit Smartphone, Tablet PC und dem Wireless Networking sein Leben zu bereichern, wird damit auch im Alter nicht aufhören. Sondern im Gegenteil diese Technologie selbstverständlich zur Verbesserung des eigenen Gesundheitszustandes heranziehen.

8. Share Economies: Tauschgesellschaft reloaded
Zugang statt Besitz war in den Nullerjahren eine Formel, die Jeremy Rifkin in die Welt setzte. Share Economies greifen den Trend auf und machen daraus eine Geschäftsidee.
DENN: Immer mehr Menschen möchten sich von unnötigem Ballast befreien.
Die Social Media haben den Trend gesetzt: Teilen bedeutet, etwas gemeinsam zu besitzen, das verbindet.
Share Economics wird sich in den kommenden Jahren auf viele Bereiche von Gesellschaft und Wirtschaft ausdehnen.
Der Boom der kleinen und kleinsten Geschäftsideen im Sektor der Sharing Economies ist eine direkte Ausgeburt der Verservicung des Internets und des App-Kults.

9. Lovavore: Lokal genießen avanciert zum Globaltrend
Regionalisierung könnte man leicht mit dem typisch deutschen Hang zur Rückwärtsgewandtheit und der Romantisierung des Gewesenen kurzschließen. Tatsächlich ist Regionalisierung mittlerweile ein globales Phänomen.
Das „Word of the Year 2007“ des Oxford American Dictionary lautete: Locavore, der „Lokalesser“.
Regionale Produktion gibt vielen Menschen das Gefühl, nicht nur „Endverbraucher“, sondern Teil einer funktionierenden Gemeinschaft zu sein.
In Deutschland betrug der Anteil regionaler Produkte in der Ernährungsindustrie nach einer positiven Schätzung zehn bis zwölf Milliarden Euro. Das entspricht in etwa einem Marktanteil von zehn bis 15 Prozent.
Im Einzelhandel können wir zumindest für Westeuropa und Nordamerika davon ausgehen, dass der Verkauf von regionalen Produkten auch in den nächsten fünf Jahren weiterhin zweistellig wachsen wird.

10. Sinnmärkte
Die modernen Konsumenten beginnen, dem Sein gegenüber dem Haben den Vorzug zu geben. In enttraditionalisierten Gesellschaften wird Lebenssinn zum permanenten Mangel.
Für die Wertschöpfung der kommenden Jahrzehnte hat das erhebliche Konsequenzen.
Fühlten wir uns früher wohl als Massenkonsument, geht es vielen heute um immaterielle Werte, die sie auch im Konsum einlösen möchten.
Die Sinnmärkte werden viele Branchen in ihrem Kern und in ihren Geschäftsmodellen verändern (Tourismus, Einzelhandel). Andere Branche und Zukunftsmärkte wie Bildung, Selbst-Management, Spiritualität und Social Capitalism werden klassische Märkte (Religion, Wellness) verdrängen. 
Das Buch: „ZukunftsMatrix – 100 Schlüssel-Trends für Wirtschaft und Gesellschaft“, von Dr. Eike Wenzel, Oliver Dziemba, Corinna Langwieser, Benny Pock, Daniela Sturm, ist erschienen im Vnr-Verlag Deutsche Wirtschaft (ISBN-13: 978-3812514491)